Agiler Mindset im Vertrieb

Wenn wir über Agilität im Vertrieb sprechen, dann geht es häufig schnell um Prozesse, Tools und Methoden. Doch was dabei oft übersehen wird: Ohne den richtigen Mindset, also die innere Haltung, wird all das nicht funktionieren. Der agile Mindset ist nicht die Kür, sondern die Voraussetzung – für nachhaltige Veränderung, für echte Anpassungsfähigkeit und für sinnvolle Zusammenarbeit in einem komplexen, dynamischen Marktumfeld.

Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn viele Situationen erlebt, in denen sich Unternehmen schwer taten, sich von der vermeintlichen Sicherheit klassischer Planungsmodelle zu lösen. Gerade im Vertrieb wird häufig an Jahreszielen, Forecasts und linearen Sales-Funnels festgehalten – als gäbe es keine externen Einflüsse, die all das jederzeit auf den Kopf stellen können.

Natürlich ist es verständlich, dass Geschäftsführungen und Führungskräfte auf planbare Zahlen setzen. Planung gibt Sicherheit. Sie schafft Orientierung. Sie gibt das Gefühl von Kontrolle. Doch diese Kontrolle ist trügerisch, denn sie basiert auf Annahmen, die in einer komplexen, sich ständig wandelnden Realität immer öfter nicht mehr greifen.

Genau hier setzt der agile Mindset an. Er ist geprägt von der Erkenntnis, dass nicht alles vorhersehbar ist. Dass Veränderung kein Ausnahmezustand, sondern der Normalfall ist. Und dass wir – gerade im Vertrieb – lernen müssen, auf diese Veränderung nicht nur zu reagieren, sondern sie aktiv zu gestalten.

Das bedeutet nicht, Planlosigkeit zu akzeptieren. Im Gegenteil. Ein agiler Mindset fördert klare Zielorientierung, aber eben mit der Bereitschaft, den Weg dorthin immer wieder neu zu denken. Es geht um Fokus und Flexibilität. Um Geschwindigkeit und Qualität. Um Verantwortung und Zusammenarbeit.

Wichtig ist dabei: Agilität kann nicht isoliert funktionieren.
Es reicht nicht, wenn ein engagiertes Vertriebsteam sich auf agile Prinzipien einlässt, während angrenzende Bereiche wie Marketing, Produktentwicklung oder Controlling nach wie vor im Wasserfall-Modus arbeiten. Agilität muss systemisch verstanden werden – als Haltung, die sich durch das ganze Unternehmen zieht.

Vor allem aber braucht es Rückhalt von oben. Ohne eine Geschäftsführung, die den Mut hat, Unsicherheit auszuhalten und Vertrauen in iterative Prozesse zu setzen, bleibt jede agile Initiative im Vertrieb Stückwerk.

Meiner Erfahrung nach liegt genau hier der entscheidende Knackpunkt: Viele Unternehmenslenker tun sich schwer damit, ein System zu akzeptieren, bei dem man bewusst nicht alles vorhersagen kann. Bei dem man nicht zu Jahresbeginn genau weiß, was am Ende des Jahres erreicht wird. Und doch ist genau dieses Loslassen notwendig, wenn man die Vorteile agiler Arbeitsweisen wirklich nutzen will.

Darum halte ich es für essenziell, bevor über Sprints, Retrospektiven oder agile Tools gesprochen wird, zunächst ein gemeinsames Verständnis zu schaffen:

  • Warum braucht es Agilität im Vertrieb?

  • Welche Herausforderungen löst der agile Ansatz konkret?

  • Welche neue Haltung ist erforderlich – und was heißt das für Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit?

Mitarbeitende müssen abgeholt werden. Sie müssen wissen, worum es geht – und warum. Agilität darf nicht einfach „verordnet“ werden. Sie muss entstehen, verstanden und mitgetragen werden. Erst dann kann man beginnen, agile Prozesse und Strukturen im Unternehmen zu etablieren.


🔜 Wie geht es weiter?

Im nächsten Artikel der Serie geht es darum, was Begriffe wie Sprint, Backlog oder Retrospektive im Vertriebsalltag konkret bedeuten – und wie wir die agile Sprache sinnvoll in vertriebliche Realität übersetzen können.

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